
Proteste gegen Trumps Migrationspolitik
In der texanischen Grenzstadt El Paso ruft die katholische Kirche zu einem Protestmarsch auf. Das zeigt Wirkung.
„Vamos a marchar“, ruft Bischof Mark Seitz und lässt ein lautstarkes „Wir sind aufgewacht und sagen Nein“ folgen. El Pasos katholischer Bischof meint damit die Migrationspolitik der Regierung von US-Präsident Donald Trump. Mehrere tausend Menschen haben sich auf der Plaza San Jacinto in der texanischen Grenzstadt versammelt und zahlreiche Plakate mitgebracht. Auf diesen ist zu lesen: „Auch der Holocaust begann mit Massendeportationen“ oder „Migranten sind nicht unsere Feinde“. Die Trommelschläge der Musikgruppen mischen sich mit englischen und spanischen Wortfetzen.
El Paso nahe Mexiko ist eine der bekanntesten Grenzstädte in den USA. Bei den Präsidentschaftswahlen 2024 gewann Kamala Harris im El Paso County – entgegen dem allgemeinen texanischen Trend – mit 56,9 Prozent gegen Trump. Tief im Südwesten von Texas gelegen, war El Paso stets eine Gegend, die von und mit der Migration lebt. Doch damit soll jetzt weitgehend Schluss sein, wenn es nach dem Willen der neuen US-Regierung geht. Sie setzt auf Massenabschiebungen und will im Rekordtempo bisher gültige Aufenthaltsgenehmigungen zurückziehen. Unter den betroffenen Migranten herrschen Ungewissen und Zukunftsängste. Niemand weiß genau, wie es weitergeht.
Aufgebrachte Demonstranten
Bevor Bischof Seitz seinen Aufruf zum Protestmarsch startet, sprechen weitere Redner. Ein zentrales Thema auf der Plaza San Jacinto ist, dass die US-Regierung einer Hilfsorganisation – sie leistet unbegleiteten minderjährigen Migranten juristischen Beistand – am Freitag die Mittel entzogen hat. Das habe Konsequenzen: Die Betroffenen seien vor Gericht nun auf sich allein gestellt und müssten dort ihren Asylantrag begründen. Andere berichten, dass inzwischen „Kopfgeldprämien“ gezahlt würden: Wer einer Behörde Hinweise gebe, die zur Ergreifung von Migranten ohne gültige Aufenthaltspapiere führten, erhalte zur Belohnung 1.000 US-Dollar. „Nein“, rufen die Menschen fassungslos bei jedem dieser Redebeiträge.
Dann setzt sich der Protestmarsch durch Downtown El Paso in Bewegung. Vorbei an Luxushotels und den Nobelrestaurants. Dann geht es in die Oregon Street, wo jene einkaufen, die nur wenig Geld in der Tasche haben. Aus den Fast-Food-Lokalen und Billigboutiquen trauen sich die Arbeiter hervor, die für kleines Geld die Jobs erledigen, zu denen kaum ein weißer US-Amerikaner bereit ist. Sie verfolgen den Marsch mit einem Lächeln. Der Gesichtsausdruck vermittelt, dass es ihnen guttut, dass jemand für ihre Rechte eintritt.

„Ich habe gehofft, dass so viele kommen, aber ich habe es nicht unbedingt erwartet“, sagt Bischof Seitz der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) auf dem Weg in die Sacred Heart Church. Sie liegt nur einen Steinwurf von der US-mexikanischen Grenze entfernt und ist Ziel des Protestzugs. „Es freut mich auch, dass Bischöfe aus aller Welt gekommen sind, um hier und heute ein Zeichen zu setzen. Wir hoffen, dass der Rest der Welt das zur Kenntnis nimmt.“ Rom hat eigens einen Kurienkardinal geschickt: Der Italiener Fabio Baggio erinnert an die Toten auf den verschiedenen Migrationsrouten der Welt. Diese führten über das Mittelmeer, durch Asien, afrikanische Wüsten oder durch Lateinamerika. Baggio gehört zu einer Gruppe prominenter Geistlicher aus verschiedenen Ländern, die sich solidarisch mit dem Protestmarsch von El Paso zeigen.
Appell an US-Regierung
Die Veranstaltung endet mit einem Gottesdienst. Bischof Seitz ergreift erneut das Wort. Sein Heimatland sei auf einem falschen Weg. Es gebe Milliarden Dollar dafür aus, um sich abzuschotten, anstatt in Integration zu investieren. Am Ende seiner Rede ruft er in die überfüllte Kirche: „Stoppt die Massenabschiebung!“
Auf den Kirchenbänken springen die Menschen auf und jubeln ihm zu. Sprechchöre wie „Viva Romero“ und „Viva Papa Francisco“ hallen durch das Gotteshaus. Sie gelten dem 1980 ermordeten Erzbischof von San Salvador, Oscar Romero – und dem Papst aus Argentinien. Es sei nach einer Zeit der Ohnmacht der Moment gekommen, wieder hinauszugehen, mit Freunden und Familien zu sprechen und sich wieder öffentlich zu positionieren, sagt Seitz. Er hofft auf eine Signalwirkung, die anhält: „Heute haben wir damit einen Anfang gemacht.“