Rätselhafte Säulen werfen Fragen auf
Schwere Geräte stehen auf dem grauen Estrich in der Abdinghofkirche, die Treppen zum Altar bestehen bloß noch aus einfachen Spanplatten, in den östlichen Bögen des Mittelschiffes sind einige Gestaltungsproben in roter Farbe zu sehen.
Seit einem Jahr wird die Paderborner Abdinghofkirche saniert. Die Wände werden neu verputzt und gestrichen, eine Fußbodenheizung wird eingebaut – es handelt sich um Eingriffe, die nicht nur an der Oberfläche stattfinden, sondern auch unter die Erde gehen. Die Fußbodenheizung soll in der Ebene zwischen der Betonplatte und den Fußbodenplatten eingebaut werden. Für Bodentanks nahmen Bauarbeiter an sieben Stellen die Fußbodenplatten ab und machten Schnitte. Dann die Überraschung: In einem der Löcher stießen sie auf eine Säulenbase. Direkt unterhalb der Pfeiler der seitlichen Bögen. „Da waren wir natürlich sofort zur Stelle“, sagt Dr. Sveva Gai. Die Paderborner Stadtarchäologin interveniert mit ihrem Team, sobald es in die Tiefe geht. „Wir haben uns die Schnitte angeschaut und mehr ausgegraben.“
An der gleichen Stelle auf der anderen Seite kam auch eine Säule zum Vorschein. „Erst dachten wir, vor den Pfeilern könnten hier Säulen gestanden haben“, sagt Gai. Doch wären diese überhaupt stark genug für solch eine Konstruktion wie die Bögen des Mittelschiffes? Alternativ könnten sie zu einer Chorschranke gehören, vermutet Gai. Diese sei möglicherweise vor den Pfeilern da gewesen. Der LWL-Chefarchäologe Prof. Michael Rind schlägt vor, mit einem Radar durch den Estrich zu scannen. Gehören die Säulen zu der Chorschranke, müssten dazwischen noch weitere zu finden sein. In einem anderen gemachten Loch wurde eine Gruft aus der Barockzeit entdeckt. Wer da drin liegen könnte, weiß man nicht. Die Person wird wohl zum Kloster gehört haben, sagt Dr. Martin Kroker, Leiter des LWL-Museums in der Kaiserpfalz. Die rechteckige Kammer ist mit einem Tonnengewölbe aus roten Ziegelsteinen überdeckt. „Christliche Gräber sind Ost-West orientiert“, erklärt Gai, „der Kopf ist im Osten, die Füße im Westen.“
Es ist nicht das erste Mal, dass die Abdinghofkirche untersucht wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Bernhard Ortmann, Bauingenieur und Archäologe, beim Wiederaufbau mehrere Schnitte gemacht. Auch wenn er vieles gefunden hat, so richtig passen seine Theorien nicht zu dem, was Gai und ihr Team herausgefunden haben. „Ich glaube, Ortmann hatte ein Ziel, auf das er hinauswollte und hat deswegen seine Grabungen darauf ausgerichtet“, sagt Pfarrer Dr. Eckhard Düker von der evangelischen Gemeinde am Abdinghof, „er wollte die älteste Kirche finden.“
Das Team von Gai hat neben den Befunden in den Löchern auch kleine Funde gemacht. Dazu zählt ein Stück Stein mit roter Farbe. Es könnte in der Diskussion mit Denkmalpflege ein ausschlaggebendes Argument sein. „Vielleicht bleibt die Kirche nicht mehr ganz so schlicht, wie sie mal war“, sagt Düker. Diskutierten neue Erkenntnisse durch die Sanierung der Abdinghofkirche: Pfarrer Dr. Eckhard Düker, die Paderborner Stadtarchäologin Dr. Sveva Gai, LWL-Chefarchäologe Prof. Dr. Michael Rind sowie Dr. Martin Kroker, Leiter des LWL-Museums in der Kaiserpfalz (von links).
Helena Mälck / Wolfgang Maas