„Verklärte Abenteuer“
Ein neuer LWL-Dokumentarfilm folgt den Spuren kolonialer Gewalt im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika.
„Verklärte Abenteuer“, so heißt ein neuer Dokumentarfilm des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Er folgt den Spuren kolonialer Truppen zu Beginn des 20. Jahrhunderts im damaligen Deutsch-Südwestafrika – von der preußischen Provinz Westfalen über Wilhelmshaven bis auf den afrikanischen Kontinent. Der Film fokussiert auf die Ereignisse im damaligen Deutsch-Südwestafrika selbst und setzt diese anhand originaler Bild- und Schriftdokumente in ihren historischen Kontext. Produziert wurde die Kurz-Dokumentation vom Filmemacher Daniel Huhn aus Münster im Auftrag des LWL-Medienzentrums für Westfalen und des LWL-Preußenmuseums Minden.
Der rund neunminütige Dokumentarfilm ist ab sofort auf dem YouTube-Kanal „Westfalen im Film“ zu sehen. Zudem wird er Teil der neuen Dauerausstellung des Preußenmuseums „Potzblitz Preußen“. Die aktuell im Bau befindliche Ausstellung erzählt die Geschichte Preußens nicht nur als Herrscher- und Militärgeschichte, sondern beleuchtet darüber hinaus unterschiedliche Facetten deutscher Kultur- und Sozialgeschichte. Dabei sollen auch Widersprüche sichtbar gemacht werden. Teil dessen ist die kritische Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus im Deutschen Kaiserreich und seinen Folgen bis in die Gegenwart.
„Es war uns wichtig, Kolonialismus nicht nur in Sonderausstellungen zu behandeln, wie zum Beispiel in ‚Schwarz weiß. Preußen und Kolonialismus‘ oder aktuell in ‚Preußen auf See. Auf schwankenden Planken‘, sondern dem Thema einen dauerhaften Platz in unserem Museum zu geben“, sagt Dr. Sylvia Necker, Leiterin des LWL-Preußenmuseums Minden. „Mit dem Film ‚Verklärte Abenteuer‘ dekonstruiert der Filmemacher Daniel Huhn das oft romantisch-verklärte Bild vom großen Abenteuer.“
Den zeitlichen Fokus legt der Dokumentarfilm auf das beginnende 20. Jahrhundert. Weiße Europäer:innen, darunter Deutsche, konkurrierten um die Inbesitznahme von Territorien in Afrika und eigneten sich diese unrechtmäßig und extrem gewaltvoll an. Das Deutsche Kaiserreich versuchte ab Mitte der 1880er Jahre die Kolonialherrschaft über Togo, Kamerun, das sogenannte Deutsch-Ostafrika (heute Tansania) und das sogenannte Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) auszuüben und zu behaupten. Am Beispiel des jungen Leutnant Georg Gräff aus dem westfälischen Herne folgt der Dokumentarfilm den Spuren der kaiserlichen Truppen, die sich oft angelockt von gutem Sold und Abenteuerlust auf den Weg machten – wie Briefe und Tagebucheinträge verdeutlichen.
Anhand von Originalfotografien, Karten und animierten Illustrationen zeichnet der Film einen Teil der Geschichte der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika nach. Er erzählt von der gewaltvollen Landnahme deutscher Siedler, die sich Weideland und Viehbestände aneigneten und den einheimischen Bevölkerungsgruppen ihre Lebensgrundlage nahmen, stellt aber auch den Widerstand durch die Herero und Nama heraus, der durch die sogenannten kaiserlichen Schutztruppen brutal niedergeschlagen wurde.
Der Dokumentarfilm schließt mit einem Ausblick, der bis in die Gegenwart reicht: Mit dem Ersten Weltkrieg endete zwar das Deutsche Kaiserreich und damit auch die deutsche Kolonialherrschaft, die nostalgische Verklärung dieser Zeit dauert aber an und eine kritische Auseinandersetzung blieb lange aus. Erst im Jahr 2021 wurde das Vorgehen der kaiserlichen Truppen im damaligen Deutsch-Südwestafrika vom deutschen Staat als erster Völkermord des 20. Jahrhunderts anerkannt.
Westfalen im Film
Der Dokumentarfilm „Verklärte Abenteuer“ ist ab sofort auf dem YouTube-Kanal „Westfalen im Film“ zu sehen. Der folgende Link führt direkt zum Film: http://www.youtube.com/watch?v=cjqVg2McWdc