3 Min.
13.08.2024
Hubert Jürgensmeier (l.) und Willi Knepper (r.) hatten die Idee für die außergewöhnliche Wallfahrt, die jetzt zum 25. Mal stattfand. Willi Knepper hat keine verpasst.
Foto / Quelle: Andreas Wiedenhaus

Vom Acker auf nach Werl

„Warum nicht mal eine Wallfahrt mit dem Traktor?“, dachten sich Schlepperfreunde aus Westenholz und fuhren nach Werl. Bei der 25. Auflage dieser Wallfahrt zur Gottesmutter waren jetzt rund 90 Trecker am Start.

Werl

8 Uhr morgens auf dem Marktplatz in Werl. Ein einzelner Traktor steht einsam herum – doch nicht mehr lange. Keine fünf Minuten später wird es laut. Ein Tuckern kommt näher, es wird noch lauter – und gut 20 alte Landmaschinen steuern den Marktplatz an. SO, HSK, MK – die Treckerpilger kommen aus verschiedenen Ecken des Erzbistums. Und die Kollegen aus Ostwestfalen sind da noch auf dem Weg. Insgesamt drei Treckerclubs – aus Westenholz, Hewingsen und Altengeseke – haben sich angekündigt.

Schnell haben sie fast den ganzen Marktplatz unter sich aufgeteilt. Es qualmt, mit kraftvollen Bewegungen am Lenkrad parkt ein Mann mittleren Alters sein Gefährt ein. An anderer Stelle wird bereits gefrühstückt. Die Pilger und die wenigen Pilgerinnen haben Thermoskannen sowie belegte Brötchen dabei – und ihren ganz eigenen Humor. „Wieso Feinstaub? Wir machen doch keinen Feinstaub“, scherzt einer der Fahrer. Und ergänzt: „Das lässt sich alles ganz leicht abhusten!“ Über Emissionen oder Elektromotoren will hier niemand diskutieren.

Zur ersten großen Gruppe gesellt sich Wallfahrtsseelsorger Pastor Stephan Mockenhaupt. Er wird herzlich empfangen, man duzt sich, gerne nimmt er einen Kaffee aus der Thermoskanne. Nein, keine Unfälle und keine Pannen unterwegs – die Pilger sind zufrieden, niemand musste abgeschleppt werden. Der Seelsorger schaut sich die alten Fahrzeuge an. Eicher, Kramer, Deutz, Fendt, Fahr, Hanomag und Lanz – die großen Namen vergangener Jahrzehnte sind versammelt, auch zwei rote Traktoren der Marke Porsche. Die Trecker seien „Zeugnisse vergangener Zeiten“, findet Mockenhaupt. „Hier sieht man die Technikentwicklung des Menschen.“

Foto / Quelle: Wolfgang Maas

Sie werden in der Gesellschaft gebraucht

Noch viele Fahrzeuge erwartet er, und die nächsten kommen schon. Sie lenken die Blicke auf sich, das moderne SUV, das sich zwischen die alten Traktoren gemogelt hat, findet keine Beachtung – vielleicht in 50 Jahren. Was Stephan Mockenhaupt bewegt, ist, dass die Maschinen „auch heute noch gute Dienste leisten können“. Zwar seien sie nicht mehr neu, hier und da tropft und rostet es – dennoch ist jeder Trecker voll funktionsfähig und könnte für einen neuen High-Tech-­Kollegen einspringen. Das sei fast schon so wie bei älteren Menschen, die ja auch in der Gesellschaft gebraucht würden.

Um 10.00 Uhr beginnt dann der feierliche Gottesdienst, den Wallfahrtsleiter Pastor Dr. Gerhard Best zelebriert. Er spricht von Tradition, schließlich feiere die Treckerwallfahrt ihr silbernes Jubiläum und auch das diesjährige Libori-­Motto ziele in diese Richtung. Zudem betont Dr. Best, wie wichtig die Landwirtschaft sei und dass man die Forderungen der Landwirtinnen und -wirte ernst nehmen müsse. Im Anschluss segnet er die Trecker und ihre Fahrer.

Knappe elf Stunden, nachdem der erste Schlepper über den Werler Marktplatz gekurvt ist, trifft die Kolonne der Westenholzer Wallfahrer wieder in der Heimat ein: Der Hof von Willi Knepper ist die letzte Etappe, bevor für Traktoren und Fahrer zu Hause dann endgültig Feierabend sein wird. Ein langer Tag mit rund 120 Kilometern über Feldwege und Landstraßen geht mit Getränken und Gegrilltem zu Ende. Doch von Anstrengung ist in den Gesichtern der alten und jungen Fahrer nichts zu sehen.

Foto / Quelle: Wolfgang Maas

Tolle Strecke, klasse Gemeinschaft

Alle strahlen, einer fasst die Tagesbilanz stellvertretend für alle zusammen: „Tolle Strecke, klasse Gemeinschaft und ein schöner Gottesdienst!“ „Und nur ein Regenschauer“, fügt sein Nebenmann noch lachend hinzu. Jetzt stehen die Schlepper, von denen der älteste über 70 Jahre auf seinem grünen Buckel hat, aufgereiht auf der Wiese. Das Knacken der abkühlenden Motoren, der Geruch nach Öl und Diesel – Traktorfahren ist etwas für alle Sinne. „Man kann bei unserer Geschwindigkeit die Landschaft wirklich genießen“, hatte vorher einer der Fahrer gesagt.

Ganz besonders freuen sich Willi Knepper und Hubert Jürgensmeier. Sie hatten die Idee für diese besondere Wallfahrt und waren zusammen mit Helmut Rump die ersten, die sich mit ihren Gefährten auf den Weg zum Werler Gnadenbild machten. „Ein Onkel meiner Frau war Franziskaner in Werl“, erinnert sich Hubert Jürgensmeier: „Er meinte, wir könnten doch mal nach Werl fahren.“ Und nach der ersten Wallfahrt hieß es dann: „Ihr kommt doch wieder?“ Nicht nur das: Aus anfangs drei Schleppern wurden immer mehr. „Rund 90 dürften es diesmal gewesen sein“, schätzt Willi Knepper. Er ist der einzige, der bei allen 25 Wallfahrten dabei war. Heute hat er den Eicher-­Traktor aus seiner Sammlung gefahren, der ihn schon bei der ersten Tour nach Werl gebracht hat.

Langsam wird es Zeit, den Heimweg anzutreten. Nach kurzem Vorglühen erwachen die Motoren wieder zum Leben. Ein kurzer Gruß, den Gang eingelegt und mit einem Lächeln im Gesicht werden die letzten Meter unter die Räder genommen. Ein besonderer Tag geht zu Ende.

Foto / Quelle: Wolfgang Maas

// Text und Fotos: Wolfgang Maas / Andreas Wiedenhaus

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen