Die Folgen des Klimawandels auf Großstädte im globalen Süden untersucht eine neue Studie.
Foto / Quelle: misereor

Wohnen in der Gefahrenzone

Misereror: Klimakrise trifft Arme in Städten besonders hart.

Aachen

Die Klimakrise und damit einhergehende Wetterextreme bedrohen arme Stadtbewohnerinnen und -bewohner in besonderem Maße. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie zu „klimabedingten Verlusten und Schäden“ von Misereor und dem Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der UN-Universität (UNU-EHS). Anlässlich des „UN-Tages zur Verringerung des Katastrophenrisikos“ am 13. Oktober fordert Misereor mehr Unterstützung für die Menschen in informellen Siedlungen. Die Studie empfiehlt Maßnahmen zur Vermeidung, Eindämmung und zum Umgang mit Klimaschäden in diesen Stadtvierteln.

Stadtbewohner im Globalen Süden in Sorge

„Die Lebensgrundlagen von Menschen, die in informellen Siedlungen leben, oft auch abwertend ‚Slums‘ genannt, sind zunehmend gefährdet“, warnt Kai Klause, Experte für städtische Entwicklung bei Misereor. „Die Menschen, die dort leben, befinden sich ohnehin in einer extrem heiklen Situation. Häufig mangelt es an grundlegender Versorgung: an Leitungswasser, verlässlichem Strom, eigenen Toiletten mit Spülung oder Gesundheitseinrichtungen. Dadurch sind sie enorm verwundbar und können Wetterextreme und Klimaveränderungen kaum bewältigen.“

Die Studie dokumentiert am Beispiel der Städte Jakarta (Indonesien), Nairobi (Kenia) und São Paulo (Brasilien), dass informelle Siedlungen besonders stark von Klimaschäden betroffen sind. Dazu zählen die zunehmende Anzahl und Intensität von Überschwemmungen, Erdrutschen, Stürmen und Hitzewellen. Misereor-Partnerorganisationen äußern sich besorgt über die Wohnverhältnisse in den informellen Siedlungen, so Klause: „Die Menschen wünschen sich lebenswerte und krisenfeste Städte. Stattdessen ist die Angst vor neuen Wetterextremen immer präsent, wie Partner*innen aus Nairobi mit Blick auf die diesjährigen Überflutungen berichten.“

Städte krisenfest machen

Aktuell leben weltweit 1,1 Milliarden Menschen in informellen Siedlungen. Laut Prognosen werden in den nächsten 30 Jahren noch einmal zwei Milliarden Menschen dazukommen, die meisten auf den asiatischen und afrikanischen Kontinenten. Die zunehmende Verstädterung und wachsende Klimakrise erfordern unmittelbares politisches Handeln von städtischer bis internationaler Ebene, empfiehlt Simone Sandholz, Studienleiterin der UNU-EHS. „Die Studie zeigt, dass informelle Siedlungen nach Katastrophen häufig bei der Verteilung von Hilfsgütern und beim Wiederaufbau zu wenig berücksichtigt werden. Das erhöht ihre Anfälligkeit für künftige Katastrophen – ein Teufelskreis. Gleichzeitig hat die Studie in allen drei Städten gezeigt, dass die Verknüpfung bereits etablierter lokaler Maßnahmen, auch durch die betroffenen Menschen selbst, mit staatlich gesteuerten Initiativen zur Risikominderung sehr wirkungsvoll sein kann.“

Bestehende Finanzmittel für die Bewältigung klimabedingter Verluste und Schäden decken bei Weitem nicht den Bedarf, heißt es in der Studie. Im Rahmen der internationalen UN-Klimakonferenzen wird derzeit diskutiert, wie ein bereits beschlossener Fonds Regierungen und betroffene Gemeinschaften in der Zukunft beim Umgang mit Klimaschäden besser unterstützen kann. „Entscheidend ist, dass die Unterstützung die verwundbarsten Menschen in den informellen Siedlungen effektiv erreicht“, so Klause. „Das erfordert die Behebung der strukturellen Schwachstellen, die zu der hohen Verwundbarkeit der Menschen führen. Hierzu zählt, dass sie ihr Recht auf angemessenen Wohnraum wahrnehmen können und den uneingeschränkten Zugang zu Land- und Wohnrechten, sozialen Sicherungssysteme sowie städtischer Infrastruktur erhalten. Zudem zeigt die Studie, wie wichtig das politische Mitspracherecht der betroffenen Stadtbewohnerinnen und -bewohner ist – auch bei Klimafragen“.

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