2 Min.
10.11.2024
Heike Regener ist Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Heimatpflege e. V. Hörde.
Foto / Quelle: Wolfgang Maas

Wozu sind Sie da, Frau Regener?

Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Eine zentrale Frage des Zukunftsbildes für das Erzbistum. ­Wozu bist du da? Diese ­Frage kann sich auch jeder ­Einzelne stellen. Wir fragen nach, heute bei Heike Regener.

Ich bin ein Dortmunder Kind und in Hohensyburg groß geworden, wo die Geschichte unserer Region begann, mit Karl dem Großen und dem Sachsenführer Widukind. Meine ersten Schuljahre dort in der Grundschule erlebte ich im Schatten der ältesten Kirche in Nordrhein-Westfalen, St. Peter zu Syburg. Ich bin dann in Hörde am Phoenix-­Gymnasium weiter zur Schule gegangen und habe dort 1981 mein Abitur zwischen Hochofen- und Stahlwerk gemacht. Wenn mich damals jemand mit Blick auf die Industrieanlagen gefragt hätte, ob ich wüsste, was das alles ist, hätte ich gesagt: „Nein, war schon immer da.“ An meiner Schule ging damals ein großes Stahlrohr vorbei. Auch dazu gefragt hätte ich damals gesagt: „Das Rohr gab es schon immer.“ Heute weiß ich, es handelte sich um ein Gasrohr für hochgiftiges Gichtgas.

Mit dem Niedergang der Montanindustrie setzte in Dortmund ein so starker Wandel ein, dass auch ich mich betroffen fühlte. In den 1990er-­Jahren habe ich tatsächlich überlegt hier wegzuziehen. Es gab aus meiner Sicht keine guten Zukunftsaussichten. Aber ich wusste aus meiner Kindheit: Ich habe Heimweh. Also bin ich hiergeblieben. Ich hätte es mir damals nicht träumen lassen, dass ich eines Tages Vorsitzende eines Heimatvereins werden würde. 2010 habe ich angefangen, Führungen zum Beispiel für die Stadt Dortmund, für das Ruhrmuseum in Essen oder den BVB zu machen. Dann habe ich mich immer mehr mit der Stadtgeschichte und mit Hörde beschäftigt. So bin ich in Kontakt mit dem heutigen Ehrenvorsitzenden Willi Garth gekommen. Willi Garth, den ich sehr schätze, hatte schon sehr lange nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin gesucht.

Gute Schnittstelle

Ich war nicht die Erste, die gefragt wurde, aber ich war die, die gesagt hat: „Einer muss es ja machen.“ Dass ich voll berufstätig war und bleiben werde, wussten alle. Aber es war und ist eine gute Schnittstelle zu meinem Beruf als Gästeführerin. Ich habe durch den Heimatverein schöne Erlebnisse, die ich dann auch gerne weitererzähle.

Mich interessiert die Geschichte Hördes, weil es auch ein Teil meiner eigenen Geschichte ist. Der Wandel, der hier geschehen ist, ist für mich prägend für die Entwicklung der ganzen Stadt. Wenn man diesen Wandel im Bewusstsein hält, ist Dortmund aus meiner Sicht mindestens doppelt so schön. Der heute weithin bekannte Phoenix-­See ist ein künstlicher See – kann man machen, kann man auch lassen. Wenn man Menschen ein Bild zeigt, wie es noch 2002 zu Stahlwerkszeiten hier aussah, dann ändert sich der Blick. Sie erkennen, was das für eine großartige Leistung ist, aus einem Stahlwerk einen See zu machen. Das war ein mutiges Projekt. Dieses Engagement begeistert mich, dieser Wandel begeistert mich, dass unser Heimatverein ein Museum hat, finde ich klasse. Ich habe Geschichte studiert. Wenn mich meine Eltern gefragt haben, was ich damit werden möchte, habe ich immer gesagt: „Museumsdirektorin“. Das Alte zu bewahren und gleichzeitig etwas Neues daraus zu machen ist eine Riesenchance. Heute erlebe ich bei Führungen im 1998 stillgelegten Hochofenwerk auf Phoenix West gestandene Kerle, die anfangen zu weinen. Sie weinen nicht, weil sie damals ihren Arbeitsplatz verloren haben, sondern weil sie das Zusammengehörigkeitsgefühl mit ihren Kollegen bis heute vermissen. Diese Dinge, die Werte, die damit verbunden waren und die Geschichte des Wandels, möchte ich in Erinnerung rufen und halten.

Aufgezeichnet und fotografiert von Wolfgang Maas
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen