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08.05.2024
„Schließlich erfüllt man sich den alten Traum des Menschen, fliegen zu können“, sagt Gerd Vieler.
Foto / Quelle: Andreas Wiedenhaus

Wozu sind Sie da, Gerd Vieler

Der langjährige Journalist und Chef vom Dienst in der „Dom“-­Redaktion Gerd Vieler engagiert sich ehrenamtlich als Fluglehrer. Wir haben ihn gefragt: Wozu sind Sie da?

So „grenzenlos“ wie Reinhard Mey die Freiheit beim Fliegen in seinem Lied „Über den Wolken“ beschreibt, ist sie vielleicht nicht, aber die Fliegerei erlaubt auf jeden Fall die Sicht auf die Erde aus einer völlig anderen Per­spektive. Man sieht die Welt mit anderen Augen, da ist schon was dran.

Dieser besondere Blickwinkel im wahrsten Sinne des Wortes war es auch, der mich zur Sportfliegerei gebracht hat: Als in Dortmund 1986 das Katholische Centrum mitten in der Innenstadt gebaut wurde, gab es keine Möglichkeit, das Gebäude in seiner Gesamtheit zu fotografieren. So entstand in der „Dom“-­Redaktion die Idee eines Luftbildes. Am Flughafen Dortmund wurde eine Sportmaschine gechartert und ich habe die Fotos gemacht. Das hat sich noch bei anderen Gelegenheiten wiederholt. Fotos aus luftiger Höhe haben schließlich ihren ganz eigenen Reiz.

Das Fliegen selbst hat mich damals ebenso fasziniert. So reifte langsam die Idee, den Pilotenschein für Sportflugzeuge zu machen. Über einen Arbeitskollegen kam ich in Kontakt mit der Luftsportgemeinschaft Paderborn, wo ich meine Ausbildung absolviert habe. Seit 30 Jahren bin ich mittlerweile selbst Fluglehrer in unserem Verein. Rund 100 Luftfahrerinnen und -fahrer habe ich in dieser Zeit ausgebildet. Für die Ausbildung sind 40 Flugstunden vorgeschrieben, bei uns im Verein gilt aber die Regel, dass jeder genau die Stunden bekommt, die er oder sie braucht, um sicher zu sein; das sind im Durchschnitt 70 bis 80.

„Verantwortungsbewusstes Handeln ist untrennbar mit der Fliegerei verbunden.“

Gerd Vieler

Verantwortungsbewusstes Handeln ist untrennbar mit der Fliegerei verbunden. Jeder kennt zum Beispiel die Checkliste vor dem Start, bei der alles durchgegangen und auf korrekte Funktion geprüft wird. Sicherlich entwickelt man über die Jahre eine gewisse Routine, das heißt aber nicht, dass man den Respekt verliert oder gar unvorsichtig wird. Denn eines darf man nicht vergessen: Um als Mensch fliegen zu können, braucht es viel Technik. Und die muss einwandfrei funktionieren und beherrscht werden, damit nichts passiert. Von meinen Flugschülern hat bisher niemand einen Unfall gehabt.

Die Sportfliegerei ist kein Hobby für „reiche Spinner“, wie mancher vielleicht vermutet. In unserem Verein sind ganz normale Menschen aktiv, die die Begeisterung für das Fliegen verbindet. Mittlerweile habe ich unzählige Stunden in der Luft hinter mir. Vor dem Start bin ich sicherlich nicht mehr so aufgeregt wie früher, vieles ist in den Jahren in Fleisch und Blut übergegangen.

Die technische Seite hat einen hohen Stellenwert, die emotionale aber auch. Schließlich erfüllt man sich den alten Traum des Menschen, fliegen zu können. Und so ist der Moment, in dem die Maschine vom Boden abhebt, für mich immer noch ein ganz besonderer. Und der Blick von oben auf die Welt unten lässt den Aufwand, den man dafür betreibt, ganz schnell vergessen. Denn dieser Blick ist bei aller Erfahrung doch immer wieder neu und faszinierend.

Aufgezeichnet und fotografiert von Andreas Wiedenhaus

Zur Person

Zukunftsbild

Wozu bist du da, Kirche von Paderborn? Eine zentrale Frage des Zukunftsbildes für das Erzbistum Paderborn. ­Wozu bist du da? Diese ­Frage kann sich auch jeder ­Einzelne stellen. Denn die Grundannahme des Zukunftsbildes ist ­eine ­biblische, dass nämlich jeder Mensch berufen ist, dass jede und jeder das eigene Leben als von Gott angenommen betrachten darf, dass es einen Sinn dieses Lebens gibt. Die Aufgabe des Menschen besteht darin, die Frage für sich zu beantworten. Wir fragen nach, heute bei Gerd Vieler.

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