Zeit, um die Fragen des Lebens zu stellen
Generalvikar Dr. Michael Bredeck überreicht Missio Canonica im Paderborner Dom. Zuvor berichten Religionslehrerinnen und -lehrer über die Motivation hinter ihrer Fachwahl.
Das Ergebnis einer Rechenaufgabe ist richtig oder falsch. Ein „Dazwischen“ gibt es nicht. Anders als Mathematikunterricht, bietet Religionsunterricht Raum für Fragen, auf die es nicht die eine richtige Antwort gibt. Hier werden Werte vermittelt, die über den Lehrplan hinausgehen. 52 Lehrerinnen und Lehrer haben jetzt ihre Missio Canonica von Generalvikar Dr. Michael Bredeck erhalten und damit ihre offizielle Beauftragung, zukünftig im Namen der Kirche katholischen Religionsunterricht erteilen zu dürfen. Sie wirken fortan in den verschiedenen Förder-, Grund-, Real-, und Gesamtschulen, sowie in den Gymnasien und Berufskollegs, die im Erzbistum angesiedelt sind.
„Katholische Religion ist für mich eine Chance, über den Glauben und wichtige Themen wie Werte, Gemeinschaft und das Leben nachzudenken“, erklärt Svenja Christina Lamberz-Wrede. Sie unterrichtet bereits seit mehreren Jahren und hat jetzt ihre Missio Canonica erneuern lassen. Neben ihrer Stelle an einer Katholischen Grundschule unterrichtet sie noch an einer zweiten Schule. Im konfessionell-kooperativen Religionsunterricht, in dem evangelische und katholische Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden, bringt sie vor allem charakteristisch katholische Elemente, wie die Lehre der sieben Sakramente oder das Wissen über Heilige ein.
Einen Bezug zu Gott verschaffen
„Es ist spannend, was Religion bewirken kann“, sagt Katharina Holtmann. Sie unterrichtet an einem Berufskolleg und möchte Menschen ermutigen, offen auf die Welt zu blicken, und die Akzeptanz für verschiedene Religionen stärken.“
Ihre Missio-Canonica haben nicht nur Lehrerinnen und Lehrer erhalten, die geradewegs aus dem Referendariat kommen. Yvonne Maschmeier, Mareike Peters, Diana Rohe und Alexandra Müller sind schon lange im Schulalltag angekommen. Neu ist für sie jedoch das Fach Religion. Über ein Jahr hinweg haben die vier Lehrerinnen einmal wöchentlich den Zertifikatkurs des Erzbistums in Dortmund besucht und hier wichtige Kenntnisse und Fertigkeiten für den Religionsunterricht erworben. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Kurses können sie nun ihre unbefristete kirchliche Unterrichtserlaubnis entgegennehmen.
Interesse am Religionsunterricht hatten sie zuvor alle. Für einige von ihnen führte der zurückgelegte Weg jedoch über Umwege. „Ich bin selbst zum katholischen Glauben konvertiert und habe jetzt die Chance genutzt, das Zertifikat zu erwerben. Religion zu unterrichten, hilft mir auch, meinen eigenen Glaubensweg zu gehen“, erklärt Diana Rohe. Yvonne Maschmeier ist katholisch, während ihr Mann und ihre Kinder evangelisch getauft sind. Sie freut sich vor allem über die Neufassung der Ordnung für die kirchliche Unterrichtserlaubnis, die nicht länger auf die persönliche Lebensführung eingeht: „Zuvor habe ich zu viele Hürden erwartet. Jetzt bin ich dankbar, dass ich schließlich doch Religion unterrichten werde“, erklärt Yvonne Maschmeier.
Im Rahmen des Zertifikatkurses schätzte sie vor allem das kompakte Wissen, das die Lehrkräfte mit auf den Weg bekommen hätten. Auch Alexandra Müller freut sich über ihre neu erworbenen Kompetenzen: „Ich habe zuvor schon ein Jahr lang Religion unterrichtet, jedoch ohne den vollständigen fachlichen Hintergrund zu besitzen. Der einjährige Zertifikatkurs hat mir viel praktisches Wissen, aber auch theoretische Hintergründe vermittelt, die ich im Schulalltag optimal nutzen kann.“ Dass der Kurs vor Ort und nicht virtuell stattfindet, loben die vier Lehrkräfte: „So konnte man sich wirklich auf das neue Fach einlassen.“
Das Schulfach Religion sei sehr wichtig, betont Alexandra Müller: „Kinder brauchen es, wissen es aber gar nicht.“ Dem stimmen auch die anderen Lehrkräfte zu: „Der Religionsunterricht bietet Zeit, Lebensfragen zu diskutieren und damit Themen, die Kinder wirklich beschäftigen“, erklären die vier Lehrerinnen. Nachdem der Vormittag dem gemeinsamen Austausch und verschiedenen Workshops gewidmet war, führt es die 52 Missio-Anwärterinnen und -Anwärter anschließend in den Hohen Dom zu Paderborn, wo sie ihre Missio Canonica von Generalvikar Dr. Michael Bredeck erhalten.
Eine hoffnungsvolle Lebensperspektive
„Was tun Religionslehrerinnen und -lehrer, damit ein Kind das Beste aus seiner Schulzeit herausholt? Was tun sie, damit ein Kind etwas erfährt über die Hoffnungsperspektive des eigenen Lebens?“, fragt Generalvikar Dr. Michael Bredeck die Missio-Anwärterinnen und Anwärter zu Beginn seiner Predigt. Hoffnung – das bestimmende Thema des Heiligen Jahres, das seinen Anfang mit dem bevorstehenden Weihnachtsfest nimmt – möge, so der Generalvikar, auch die Religionslehrenden auf ihrem künftigen Weg begleiten. „Ich wünsche mir für Sie, dass Sie diese ‚Hoffnung‘ in Ihre neue Tätigkeit einfließen lassen – für sich und Ihre Schülerinnen und Schüler. Die Frage, die Sie antreiben soll, lautet: ‚Wie können Sie dazu beitragen, dass Kinder durch den Religionsunterricht etwas Hoffnungsvolles erleben und dadurch hoffnungsvolle Perspektiven für ihr Leben gewinnen?‘“, betont der Generalvikar. „Ahmt auch ihr mich nach, Brüder und Schwestern, und achtet auf jene, die nach dem Vorbild leben, das ihr an uns habt!“, zitiert Generalvikar Dr. Michael Bredeck die vorangegangene Lesung und fragt die Religionslehrenden: „Können und wollen auch Sie ein Vorbild sein?“
Die Bibel erzähle nie glatte Lebensläufe. In der Bibel werde nichts beschönigt. Die Menschen bewegten sich auf Umwegen, sie machten sich schuldig und zweifelten. „Das ist das gute an den biblischen Erzählungen, dass es echte Menschen sind und keine geschliffenen Superhelden“, folgert der Generalvikar.
Sorgenkinder und Leistungen
Das Leben selbst erzählt oft ähnliche Geschichten. So berichtet Generalvikar Dr. Bredeck von einem Jungen, der im Fach Religion immer die schlechteste Note erhielt. Der Junge sei zunehmend frustrierter geworden und mit Bauchschmerzen aus der Schule gekommen. Seine Lehrerin habe ihn als „Sorgenkind“ bezeichnet. „Als dann jedoch eine andere Lehrerin den Unterricht übernahm, verbesserten sich seine Leistungen“, berichtet der Generalvikar. Doch sei der Junge nicht einfach klüger geworden: „Es war die Lehrerin, die seine Begabung erkannte, ihn förderte und ihm Aufmerksamkeit schenkte. Sie hatte Wertschätzung für ihn“, löste der Generalvikar auf. Es sei ein hoher Anspruch, das wisse er: „Trotzdem wünsch ich mir, dass Sie den eigentlichen Menschen sehen und sich fragen, wie Sie Hoffnung schenken können“, appelliert der Generalvikar Dr. Michael Bredeck an die Anwärterinnen und Anwärter der Missio Canonica.